„Schauen Sie sich bitte das Video an und zählen Sie genau mit, wie oft sich die Spieler in Weiß den Ball zupassen“, so fing Dr. Stephan Renker, zurzeit DAAD-Lektor der Germanistischen Fakultät der SISU, seinen Vortrag an. Am Ende des kurzen Videos stellte er aber eine andere Frage: „Wer hat einen Mann im Gorilla-Kostüm bemerkt?“ Nur wenige Teilnehmer konnten ihre Hand heben, da sich die meisten nur auf die Spieler in Weiß konzentrierten.

Das Video wurde also noch mal angesehen. Die anwesenden Zuhörer stellten fest, dass sich ein „Gorilla“ von rechts unter die Spieler mischte. Daraus ergab sich eine interessante Frage: Wie funktioniert der Wahrnehmungsapparat des Homo Sapiens eigentlich? Wie wird die fremde Kultur wahrgenommen?

Die „Gorilla“-Figur stand in diesem Kontext symbolisch für die fremde Kultur: anwesend, aber doch nicht wahrgenommen. Denn die Sinnesorgane könnten den Menschen täuschen, der stark an seine eigene kulturelle Umwelt gebunden ist. Man könnte nur sehen, was man sehen wollte. Wie wird man auf die fremde Kultur aufmerksam?

Für Stephan Renker spielte die Sprache eine wichtige Rolle. Er kann vier Sprachen – Deutsch, Englisch, Lateinisch und Altgriechisch und ist aus seinen eigenen Erfahrungen der Meinung, dass man beim Fremdsprachenlernen regelmäßig hören und lesen sollte. In der digitalisierten Zeit bieten sich viele Online-Plattformen aus Deutschland, über die man sich zu aktuellen Themenfeldern informieren kann, wie z.B. Nachrichtenportale (Frankfurter Allgemeine Zeitung) oder Podcasts (Jung und Naiv).

Für ihn waren Sehen und Erleben auch wichtig, um der anderen Kultur näherzukommen. Er mag Reisen und war in vielen Städten. Seine erste Begegnung mit China war einer akademischen Reise nach Shanghai zu verdanken, die ihn sehr beeindruckte. Seit 2019 arbeitet er als DAAD-Lektor, ein Jahr für Xi’an International Studies University und seit 2020 an der SISU.

Ein Studium in Deutschland wäre auch eine gute Alternative, die deutsche Kultur vor Ort kennen zu lernen. Dabei könnte man in China einige kleine Städte wie Jena oder Bayreuth usw. berücksichtigen, statt den Blick immer auf die Großstädte wie München und Berlin zu werfen.

„Die deutsche Sprache ermöglicht einem, Deutsche und Deutschland richtig zu verstehen“, bekräftigte Dr. Stephan Renker. Mittels der Sprache wird dann eine Brücke zur deutschen Kultur geschlagen. Außerdem seien mehr Lesen, Sehen, Erleben sowie eigenständiges Denken und Urteilen notwendig dafür, in eine fremde Kultur einzutauchen und die kulturelle Vielfalt zu verstehen. So gelingt es uns, den Gorilla zu sehen.

(Verfasserin: Masterstudentin der Germanistischen Fakultät; Korrektur: C. H. Y. & S. R.)