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Tagebuch aus dem kalten Winter 2037


06 November 2020 | By Wang Junbo | SISU

Donnerstag, 17. Dez. 2037

Ich mag Winter.

Seit wann mag ich Winter, daran erinnere ich mich nicht. In der Kindheit gefiel mir immer der Sommer, weil ich munter und fröhlich war. Nun finde ich den Winter gut, denn in der Straße ist es ruhig, als ob die Kälte so kräftig wäre, dass alle Heuchelei und Eitelkeit gereinigt würden.

Es war eiskalt und der Wind war stark. Ich zog meinen Hut fest und ging der Straße entlang. In der Kälte konnte ich mir erlauben, keine Gedanken zu machen. Heute holte ich meinen Neffen von der Grundschule ab, weil Shang derzeit beschäftigt war.

Mein Neffe war froh, mich zu sehen. Ich erzählte ihm, dass seine Mutter zur Zeit nicht abkömmlich war. Dann fing er an, mir zu erzählen, was er heute in der Schule gelernt hatte. Plötzlich fragte er mich: „Onkel, ich habe heute im Geschichtsunterricht Coronavirus-Krisen gelernt. Was machtest du in der ersten Krise COVID-19?“ „Oh, COVID-19... Ich war damals noch jung. Student, weißt du? In Shandong war es nicht so schlimm wie die COVID-28, aber doch blieben wir alle zu Hause, es waren lange Ferien...“, erzählte ich und erinnerte mich an all die Tage vor 17 Jahren, an meine Studienjahre, die verwirrend, aber auch wertvoll waren...

Es sind schon 17 Jahre her. Ich kann mir jetzt fast nicht glauben, dass ich studiert habe. Ich habe damals eine Fantasiegeschichte über Corona-Krise für OeAD Shanghai geschrieben, in der ich sehr melodramatisch erzählt habe. Es gibt nun jedoch weder einen Untergang noch große Revolutionen. Internationale Reaktionsmechanismen sind schon geschafft worden und die COVID-19 Krise ist nicht mehr die einzige, die wir erlebt haben. Als ich in meiner Erinnerung versunken war, unterbrach mich mein Neffe, der mich neidisch ansah: „So lange zu Hausezu blieben, ohne in die Schule gehen zu müssen, das ist aber toll!“ „Ah...“ Ich versuchte etwas zu sagen, konnte aber kein richtiges Wort finden. Ja, ich hatte viel Zeit und konnte eigentlich viel tun: Bücher lesen, Filme oder TV-Series anschauen, onlinebasierte Kurse besuchen, um mich zu entwickeln... Aber in Wirklichkeit habe ich nur Spiele gespielt, bis es mir totlangweilig wurde. Mein Neffe, eigentlich soll ich dich beneiden: Du hast so viele Möglichkeiten und die ganze Welt ist offen und wartet auf dich. Ich besaß auch Möglichkeiten, als ich ein Kind war, nur schienen die Wege des Lebens immer weniger zu sein, als ich immer größer wurde. Was wollte ich immer machen, als ich noch ein Kind war? Wissenschaftler oder Gelehrter? Und als ich ein Student war?

Ich bin schon 38 Jahre alt, ohne den Verlauf der Zeit gemerkt zu haben. Jetzt stelle ich mir nicht mehr die Frage, „was möchte ich machen“, sondern frage mich immer, „was kann ich machen“. Was ich jetzt mache, ist nicht das, was ich mir in der Kinderzeit oder in den Studienjahren gewünscht hatte. Ich sage jetzt oft zu mir: „Es ist schon gut“. Aber tiefer im Inneren habe ich schon seit der Kinderzeit gewusst: Es ist längst nicht gut. Mein eigenes Leben ist nun in einer erbärmlichen Weise zwecklos gefallen. Aber was kann ich machen? Ich bin müde.

Ein noch stärkerer und kälterer Wind wehte auf uns zu. Dann habe ich meinen Neffen gehört: „Schnee!“ Ja, es fing an zu schneien. Mein Neffe war glücklich darüber und lief im Schnee. „Onkel! Sehr schöner Schnee, nicht wahr?“, rief er von weitem. „Lauf nicht zu schnell, es ist gefährlich!“, rief ich zu ihm, aber er lief noch schneller. Ich begann ebenfalls zu laufen. Ja, der Schnee ist schön, den mag ich seit der Kindheit. Damals war ich froh, Schnee sehen zu können... „Puff“ – ein Schneeball traf mich. Dann hörte ich lachen, so rein, und ich konnte die Freude darin spüren. Mein Neffe lief lachend und schreiend; und ich lief nach, schneller. Ich fühlte die Kraft, als wäre ich ein kleiner Junge. „40 ist doch jung, oder?“, sagte ich zu mir selbst. Ich spürte mehr Kraft und Mut und war so freudig wie ein Kind. Morgen, ja, morgen werde ich meine Arbeit kündigen. Ich bin nicht mehr so jung, aber ich habe Kraft und noch etwas Geld. Ich werde das machen, was ich seit langem geplant habe. Reisen möchte ich. Wohin denn? Nach Prag, Rom, Lhasa oder Casa Blanca. Vielleicht kann ich da noch eine Arbeit finden...

Der Winter war kalt, Schnee weiß, Himmel blau, Lachen rein; Der Weg scheint ein bisschen leuchtender zu sein und ich lief weiter...

(Verfasser: Germanistikstudent des 4. Jahrgangs. Dieser Text wurde im 7. Schreibwettbewerb für chinesische Deutschlernende mit dem 3. Preis ausgezeichnet.)

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