Vor langer, langer Zeit waren der Hase und der Ochse befreundete Nachbarn. Vom Charakter her ergänzten sie sich perfekt: Der Ochse war fleißig und gewissenhaft und der Hase war klug und flink. Sie kamen miteinander sehr gut zurecht, als ob sie echte Brüder gewesen wären.

Eines Tages lagen die beiden in der Sonne. Da sagte der Hase nicht ohne Stolz: „Weißt du was? Die Wolken am Himmel gehen so schnell vorbei, aber ich kann schneller laufen als die Wolken da oben.“

„Das ist doch beneidenswert!“, sagte der Ochse. „Kannst du mir das beibringen?“

„Naja“, seufzte der Hase leicht. „Meinst du denn, dass das Laufen zu lernen ist? Das liegt einem einfach in der Natur. Entweder kann man es oder man kann es nicht.“

Der Ochse schwieg. Als er schließlich etwas sagen wollte, um die peinliche Stille zu brechen, sagte der Hase: „Mein Freund, ich wollte dich nicht entmutigen. Aber guck dich mal an: Du bist wirklich zu groß und zu schwer, um schnell laufen zu können.“

Damit war diese Sache für den kleinen Hasen erledigt. Aber der Ochse war nicht überzeugt. Er fing an, täglich Dauerlauf zu üben. Dank seines eisernen Willens und seines Durchhaltevermögens wurde er schließlich ein hervorragender Läufer. Selbst nach tagelangem Laufen fühlte er sich nicht müde.

Die Zeit für die Auswahl der zwölf Tierkreiszeichen nahte. Am Vorabend der großen Auswahl hatten der Ochse und der Hase vereinbart, zusammen in der Dämmerung zum Himmelspalast zu fahren.

Als der treue Ochse am nächsten Morgen vor der Tür seines Nachbarn stand, war der schlaue Hase schon längst unterwegs. Ohne zu zögern, machte sich der Ochse auf den Weg und hoffte, den Hasen einholen zu können.

Da hatte der Hase schon die Hälfte des langen Weges bewältigt und alle andere Tiere hinter sich gelassen. „Ich bin am frühesten aufgestanden und abgefahren, außerdem bin ich ein unbesiegbarer Läufer. Selbst wenn ich jetzt ein Nickerchen mache, werde ich noch früh genug im Himmelspalast ankommen können“, so dachte der Hase. Er legte sich unter den Schatten eines großen Baums, machte es sich bequem und schlief ein.

Während der Hase sein Schläfchen genoss, setzte der Ochse seine ganze Kraft ein. Er lief und lief, ohne eine Pause zu machen. Dank seiner vorherigen Übungen hat er den Hasen tatsächlich überholt. Eigentlich hätte er den ersten Platz belegen können, aber eine kleine Ratte hat ihn ausgenutzt, indem sie lautlos zwischen seinen Hörnern saß. Schließlich kam die Ratte eine Sekunde früher als der Ochse an und nahm somit den ersten Platz im „Shengxiao“-System ein.

Und der schlafende Hase? Er wurde erst durch die Schritte des Tigers aus seinen Träumen geweckt. Er beeilte sich, strengte sich an, konnte aber das Ergebnis nicht mehr ändern. Schließlich kam er als vierter an und belegte somit den vierten Platz des „Shengxiao“-Systems.

Obwohl der Hase auch ein Tierkreiszeichen wurde, schämte er sich, seinem Nachbarn, dem Ochsen wieder zu begegen. Er zog um, lebte danach in einem Erdloch und hat den Kontakt zu seinem alten Nachbarn abgebrochen.