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Kreatives Schreiben, Kreatives Dichten!


24 June 2018 | By Chang Xueshu | SISU

 

Im Kurs „Kreatives Schreiben“ an der Universität Heidelberg hatte ich viele wunderschöne Gelegenheiten, meine Fantasien und Gedanken zu entfalten und sie mittels kurzen Geschichten oder Gedichten auszudrücken. Immer wurden wir vor neue Herausforderungen gestellt: Manchmal mussten wir eine absurde Novelle nach dem vorgegebenen Auftakt weiterschreiben und manchmal wurden wir aufgefordert, innerhalb von 15 Minuten zu einem bestimmten Titel ein kurzes Gedicht mit nicht mehr als 5 Zeilen zu schaffen. Kurz vor Weihnachten bekamen wir von unserem Dozenten, Herrn Grzimek, ein spezielles Geschenk, nämlich ein altes Exemplar der literarischen Zeitschrift „Akzente“ aus den 80er Jahren. Wir sollten diese Zeitschrift lesen und mindestens einen Text auswählen, der uns am besten gefiel, und dann etwas darüber schreiben.Ich fand es faszinierend, eine deutsche Zeitschrift aus dem letzten Jahrhundert zu lesen. Ähnlich wie literarische Zeitschriften hier in China ist „Akzente“ auch ein Forum für zeitgenössische Literatur. Mein Heft wurde im Februar 1983 veröffentlicht, in dem ich einige Skizzen von Günter Grass fand, aber die meisten ausgewählten Werke wurden von jüngeren und nicht so berühmten Schriftstellern verfasst. Beim Durchblättern überwältigte mich das Gedicht „Gasthaus“ von der DDR-Dichterin Sarah Kirsch:

Gasthaus

 

Seit Tagen fällt der Regen so dicht

Und gleichzeitig steigt Nebel herauf

Daß die Welt wahrhaftig sehr klein

Und zusammengeschrumpft vorliegt

Sie reicht knappe drei Meter

Von der Traufe zum Misthaufen hin

Und wird seitlich von fallenden

Zäunen und Himbeerruten begrenzt

An denen die Tropfen wie Tränen

Fließen die Pfützen verschmelzen

Bis das Meer vor der Tür steht

Und ein ordentliches Oben der hohe

Aufgestockte wolkenbefahrene Himmel

Ist nicht auszumachen es bleibt

Nur Fluchen und Türenwerfen

Oder die Kunst in sich selbst

Verloren zu gehen wie rings

Die Frühen Hunde und Trinker.

 

Als ich das Gedicht zum ersten Mal las, meinte ich, dass die Dichterin ein Gefühl von Wärme, Ruhe und Geborgenheit ausdrücken wollte. Aber nachdem ich es mehrmals durchgelesen hatte, wusste ich, dass ich mich irrte. Die Atmosphäre in diesem beschriebenen Gasthaus ist niedergedrückt, diesig und grau. Sogar der Raum um das Gasthaus ist zusammengeschrumpft und die Welt wird dadurch unglaublich klein. Die Dichterin benutzte auch viele interessante Vergleiche, um das Stichwort „klein“ darzustellen: der Vergleich zwischen Tropfen und Tränen, zwischen dem ruhigen Himmel und lautem Fluchen und Türenwerfen und zwischen kleinen Pfützen und dem großen Meer. Solche bunten und sehr subjektiv beschriebenen Vergleiche förderten geschickt die Bildlichkeit und wir können uns leicht vorstellen, dass die Gäste in diesem „Gasthaus“ schon in sich selbst verloren gegangen sind. Da mir dieses Gedicht so sehr gefiel und der Kurs „Kreatives Schreiben“ heißt, versuchte ich, das Gedicht von Sarah Kirsch nachzuahmen und ein Gedicht mit denselben Merkmalen zu schreiben. Im Gegensatz zu „klein“ wählte ich „groß“ als Stichwort meines Gedichtes. Ähnlich wie der Schreibstil des Gedichtes „Gasthaus“ versuchte ich, die Dinge in der beschriebenen Welt durch Vergleiche darzustellen und die verschiedenen Elemente der Natur zu vergrößern. Ich schrieb auch bewusst keine ganzen Sätze und gab mir mit den Reimen keine Mühe. Unten ist also mein Gedicht:

Felder

(Nachahmung von Sarah Kirschs „Gasthaus“) 

 

Seit Tagen fällt der Schnee so dicht

Und gleichzeitig verdampfen die Vögel

Daß die Welt wahrhaftig sehr groß

Und ausgedehnt vorliegt

Es verhüllt sich ein Sternensystem

Hinter den letzten Fußstapfen oder den fernsten Kiefern

Und greift um sich allseitig durch spärliches

Wolfsgeheul wie Wind

Der Schnee wie Asche eines schwachen Schlosses

Fällt wie Zweige die sich stapeln

Bis eine winzige Insel auf dem weißen Meer liegt

Und ein ordentliches Unten

Der graue nebelbefahrene Himmel

Ist nicht auszumachen es bleiben

Nur wieder verschüttete Tritte und vernichtete Sprache

Oder der Wille im nächsten Herbst

Zu bummeln wie rings

Die ersten Bauern und Astronauten.

(Verfasserin: Germanistikstudentin des 3. Jahrgangs; Korrektur: C. H. Y. & A. P.)

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