Bevor das Semester in Heidelberg begann, hatten wir die Gelegenheit, an einer Infoveranstaltung teilzunehmen und mit Professoren und Dozenten zu sprechen, um uns darüber zu informieren, was wir im Unterricht machen sollten und lernen konnten. Als Professor Rainer Christ uns das Buch Arthur Schnitzler: Die großen Erzählungen zeigte, meldete ich mich ohne Zögern für den Kurs. Ich freute mich zuerst darauf zu erfahren, wie ein Literaturkurs in Deutschland funktioniert.

Im Unterricht las ein Student oder eine Studentin ein paar Abschnitte vor und dann diskutierten wir zusammen. Meistens stellte der Professor uns Fragen, um uns anzuregen, uns aus verschiedenen Aspekten mit dem Text auseinanderzusetzen. Wenn wir über ein Motiv, einen Gegenstand oder eine Szene sprachen, erzählte uns der Professor die entsprechenden, relevanten Musikstücke, Gemälde oder literarischen Werke. Obwohl wir nur zu zehnt waren, hatten wir meistens eine freie, lebhafte Atmosphäre, weil jeder wohlüberlegt seine Meinungen äußerte und geschickt Fragen stellte.

Zudem ist Arthur Schnitzler eben mein Lieblingsschriftsteller der deutschsprachigen Literatur. Ich habe vorher schon sein Theaterstück Reigen und seine Erzählung Die Traumnovelle gelesen, die mir sehr gut gefallen haben, jedoch nur auf Chinesisch. Im vergangenen Semester lasen und interpretierten wir hauptsächlich Die Traumnovelle zusammen. Da hatte ich die Chance, dieses Werk auf Deutsch sehr genau zu lesen.

In dem Buch Die Traumnovelle geht es um eine geheimnisvolle und spannende Geschichte zwischen einem Ehepaar, das unter der Oberfläche einer harmonischen Ehe jedoch von ungestillten erotischen Begierden und Träumen heimgesucht wird. Ehre und Schuld, Traum, Liebe und Tod sind die großen Themen von Arthur Schnitzler, die auch die bedeutendsten Motive der deutschsprachigen Literatur zu Beginn des 20. Jahrhunderts, beziehungsweise der Wiener Moderne waren. In dieser Zeit hatten Sigmund Freuds Theorien der Psychoanalyse und der Traumdeutung einen großen Einfluss auf die Literatur. Arthur Schnitzler war keine Ausnahme, denn er arbeitete auch eine Zeit lang als Psychiater und kannte die menschliche Psyche gut. Um Arthur Schnitzler besser zu verstehen, habe ich auch das Buch Über den Traum von Sigmund Freud, eine gekürzte Version von der Traumdeutung gelesen. Auf dieser Grundlage habe ich ein Referat gehalten, um anderen Kursteilnehmenden die Kernbegriffe der Traumdeutung zu erklären.

Auch meine Studienkolleginnen und -kollegen haben interessante Referate über die Wiener Moderne, über die Entstehungsgeschichte und über den Text gehalten. Alles war hochinteressant und hilfreich. Es war schade, Abschied von diesem Kurs nehmen zu müssen.

(Verfasserin: Germanistikstudentin des 4. Jahrgangs und gegenwärtig als Austauschstudentin an der Universität Heidelberg; Korrektur: C. H. Y. & G. O.)