„Feierabend!“

Chris und ich grüßten einander gleichzeitig und verließen zusammen das mit bunten Ballons dekorierte Zelt, in dem wir in den letzten vier Stunden „Glücksfeen“ geworden sind. Als freiwillige Losverkäufer im Tombolazelt des Unistrandes haben wir an einem Vormittag hunderte von Preisen herausgegeben und auch hundert lächelnde Gesichter gesehen. Als ich einen Blick auf die fast leeren Regale und Kästen warf, war ich sogar ein bisschen stolz auf unsere Leistungen.

Das war am 24. Juni, der 8. Tag des Events „Summer Feeling“ an der Universität Bayreuth. Da war der Unistrand besonders für Familien ausgestattet. Ein umfassendes Programm wurde allen Kindern und junggebliebenen Erwachsenen angeboten. Auf dem Rondell des Campus wurden rund zehn Stationen errichtet, an denen Kinder nützliche Kenntnisse spielerisch erwerben konnten. Es gab zum Beispiel die Stationen der Feuerwehr, Polizei und des Rettungsdienstes, die einen spannenden Einblick in ihre Arbeit gaben. Wer am Ende auf seiner Stempelkarte alle Stationen abgehakt hatte, wurde mit einem Preis belohnt.

Im Tombolazelt, meiner Arbeitsstelle, konnte einem zwar kein Stempel auf die Karte gedrückt werden, trotzdem war es sehr beliebt bei den Besuchern. Spielzeuge, Taschen, Kleidungen... Die schönen Preise in den Regalen übten einen starken Reiz aus. Nicht nur Kinder sondern auch viele Erwachsene wurden angelockt und kauften oft auf einmal drei Lose mit fünf Euro.

Tombola ist eigentlich ein Lottospiel, und zwar eine Verlosung von Geschenkartikeln. Die Teilnehmer zogen aus einer Schale Röllchenlose, auf denen eine Nummer stand. Dementsprechend bekamen sie einen Preis. Wenn man aber ein leeres Los kriegte, brauchte man eigentlich auch nicht traurig zu sein, denn man bekam immerhin einen Trostpreis.

Mein Arbeitskollege Chris ist ein deutscher Student und hat ebenfalls keine Erfahrungen bei solchen Veranstaltungen. Trotzdem haben wir uns schnell mit den Regeln vertraut gemacht, nachdem eine Verantwortliche uns den Arbeitsablauf erklärt hatte. Unsere Aufgaben bestanden nämlich darin, Lose zu verkaufen, Geld zu kassieren und Preise abzugeben. Am Anfang konnte ich nicht so schnell den entsprechenden Preis finden, weil sie in mehreren Kästen und Regalen lagen. „Du müsstest die Preisliste genauer lesen. Darauf stehen nicht nur die Nummern der Preise, sondern auch die Namen. Es wäre leichter, zuerst anhand der Nummer den richtigen Kasten zu finden, und danach mithilfe der Bezeichnung, nach dem entsprechenden Preis zu suchen“, hat mir Chris empfohlen. Sein Vorschlag funktionierte gut. Danach arbeitete ich deutlich effizienter.  

Chris kommt aus Sachsen und studiert Biologie und Chemie auf Lehramt. Er unterhält sich gern mit Kindern, weshalb er sich für diese freiwillige Arbeit entschieden hat. „Es ist aber viel interessanter, als ich es mir vorgestellt habe. Hier wird alles gut organisiert und die Preise sind auch hochwertig. “ Er zeigte auf eine grüne Adidas-Jacke, die auf dem Regal aufgehängt war. Wer wollte denn nicht mit zwei Euro so eine Jacke nach Hause bringen? Es ließ sich aber nicht leicht verwirklichen. Eine Mutter wollte ihr Glück probieren und hat besonders viele grüne Lose gekauft, in der Hoffnung, diese grüne Jacke zu gewinnen. Leider ist ihr Traum nicht in Erfüllung gegangen. Stattdessen hat ein kleiner Junge nur fünf Euro für die Lose ausgegeben und damit diese Jacke gewonnen. „Glück, eine höchst unberechenbare Sache“, habe ich mir gedacht.

Die Arbeit im Tombolazelt machte mir großen Spaß, weil ich zum ersten Mal mit so vielen deutschen Familien kommunizierte und die Freude mit allen teilte. Als freiwillige „Glücksfee“ habe ich nicht nur anderen Glück gebracht, sondern auch mir selbst.

(Verfasserin: Germanistikstudentin des 4. Jahrgangs; Korrektur: C. H. Y. & C. A.)