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David Wagner: Ein Bild der Stadt Berlin


15 December 2016 | By Gao Yixuan | SISU

In den letzten zwei Wochen hat David Wagner, ein mit mehreren Preisen ausgezeichneter deutscher Schriftsteller, auf dem Songjiang-Campus ein Seminar geleitet, in dem besprochen wurde, wie man eine Stadt beschreiben kann. Einen Durchbruch erreichte David Wagner in Deutschland mit seinem im Jahr 2013 erschienenen Buch „Leben“, das den Preis der Leipziger Buchmesse 2013 erhielt. Das Buch hat unter anderem auch wegen der einfühlsamen Interpretation und tiefgehenden Thematisierung der Bedeutung des Lebens die chinesische Leserschaft gewonnen und so wurde diesem Buch in China der Titel „21st Century Best Foreign Novel of the Year 2014“ verliehen.

In den ersten beiden Sitzungen wurde zuerst die Beschreibung der Stadt Berlin behandelt. David Wagner arbeitet und lebt selbst schon seit langem in Berlin. Er war unter anderem Journalist für die Beilage „Berliner Seiten“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und bekam Aufträge, wie beispielsweise, entlang einer Berliner Straße spazieren zu gehen, dabei etwas zu beobachten und aufzuzeichnen, sowie Personen, Tiere und Gebäude. Aus solchen vermeintlich banalen Motiven und Stoffen zeichnete er ein Bild von Berlin in einer künstlerischen Sprache.

Anhand seiner eigenen Erfahrungen hat David Wagner uns vorgestellt, was bei einer Betrachtung fokussiert werden soll, wenn man eine Momentaufnahme oder eine Szene verfasst. Er vertritt die Meinung, dass nicht nur Außergewöhnliches und große dramatische Ereignisse einer Darstellung wert seien, sondern gerade auch interessante Kleinigkeiten beachtenswert seien. Mindestens genauso gut sei nämlich die Darstellung der alltäglichen Ereignisse beziehungsweise Nichtereignisse, also des alltäglichen Lebens in der Stadt - der Spaziergang mit dem Hund oder der small talk an der Bushaltestelle. Allerdings sollte eine gewisse Darstellungsnotwendigkeit zu erkennen sein.

Wie der Beobachter besondere Vorkommnisse oder kleine eigenartige Geschehnisse ausmachen kann, hat David Wagner ausführlich erörtert. Seiner Ansicht nach muss man nicht warten, bis man beispielsweise einen Diebstahl miterlebt oder eine alte Dame stolpert und hinfällt, sondern vielmehr einen Blick für das Besondere im Allgemeinen entwickeln. Insofern sind Erfindungskraft und innovative Perspektive von großer Bedeutung. Das heißt, dass man Dinge sehen kann, die vorher nicht gesehen wurden, indem man das Gewöhnliche zuerst aufbricht und dann auf einer anderen Betrachtungsebene wieder zusammensetzt.

Auch auf die Bereitschaft, im Alten etwas Neues zu entdecken, legt David Wagner viel Wert. Es verhalte sich hierbei genau wie bei der Gemäldebetrachtung: Je länger man sich einen Gegenstand zum Aufzeichnen ansieht, desto mehr kann man tatsächlich sehen. Deswegen sollte man sich bei der Materialsammlung genügend Zeit lassen und muss geduldig sein, um herauszufinden, was unverändert bleibt und was sich unbemerkt verändert. In diesem Zuge bildet man notwendigerweise eine Art von unbewusster Wahrnehmung aus und kann so auch abstrakte Emotionen und Gefühle mit Beschreibungskunst verschriftlichen.

Die literarische Gattung Webcam, die David Wagner selbst als Beschreibungsmodell von Stadtbildern anpreist, zeichnet sich durch so eine Kombination von neutraler Beschreibung und subjektiver Wahrnehmung aus. Im Plenum haben wir diese Textgattung gemeinsam anhand von Beispieltexten analysiert. Von seiner Auseinandersetzung haben wir gelernt, dass eine Webcam eine Art Bildbeschreibung ist, wobei dieser Begriff sehr weit gefasst ist. Zur Webcam gehört beispielsweise auch ein beschriebenes Hörbild. Der Autor ist ein Aufzeichnungsapparat, der weder eine Meinung noch ein Wissen beisteuert. Trotzdem ist es nicht von Nachteil, wenn der Autor hochsensibel auf seine Umwelt reagiert. Konjunktiv und Potentialis kommen in einer Webcam nicht vor. Gleichermaßen wird auf einschränkende Konjunktionen oder Adjektive verzichtet. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Autor nur das aufzeichnet, was da ist. Die äußere Form hat entsprechend dem folgenden Beispiel immer die gleiche Gestalt:

Modell: 

Uhrzeit, Ort /Text/ Uhrzeit Autorenkürzel

Ein Beispiel:

17.24 Uhr, Mensa

Sahra geht zum Abendessen in die Mensa auf dem Songjiang Kampus. Es gibt wirklich keine gute Speisen zur Auswahl. Sie zieht die Jacke aus und nimmt die Essstäbchen in die Hand. Ganz schnell macht sie fertig mit Reis und Gemüsen und verlässt die Mensa.                             17.30 Uhr   Alex

Zwei Bücher von David Wagner beschäftigen sich mit der Beschreibung der Stadt Berlin, und zwar „Welche Farbe hat Berlin“ (2011) und „Mauer Park“ (2013), in denen er seine eigene Art von Bildbeschreibung verwendet hat. Für jeden, der das Schreiben erlernen möchte, kann es nur hilfreich sein,Wagners beide Bücher zu lesen.

David Wagner ist viel unterwegs, er beobachtet und trägt das Gesehene und Gehörte in sein Tagebuch ein. Er ist ein Mensch voller Liebe und hat eine positive Einstellung von seinem Leben. Das alles dient ihm als Inspiration für seine dichterische Tätigkeit. Er glaubt, dass es wahrscheinlich eine Faustregel für alle, die das Schreiben lernen möchten, sein könnte, dass man seine eigene Muse findet, bevor man mit dem Schreiben richtig anfängt.

(Verfasserin: Masterstudentin der Germanistischen Fakultät der SISU; Korrektur: Alexandra Hertlein & C. H. Y.)

Die Hauptverkehrszeit in der U-Bahn

Das geheimnisvolle Geheimnis

Oblivion

U-Bahn-Linie 9

In der Bibliothek

18.47 Uhr, ein Laden in der Nähe vom Studentenwohnheim

An der Bushaltestelle

Landung um Mitternacht

David Wagner: Ein Bild der Stadt Shanghai

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