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Liebe ist wie eine brennende weiße Rose


29 July 2015 | By Zhang Zihan | SISU

  • Brief einer Unbekannten

  • Verfilmungen von „Brief einer Unbekannten“

  • Stefan Zweig

Seitdem ich die Kurzgeschichte Brief einer Unbekannten gelesen habe, möchte ich längst etwas schreiben, um mein Gefühl auszudrücken. Mich fasziniert diese reine Liebesgeschichte, in der es keine Kritik, keine politische Ansicht und auch keine Metapher gibt.

Ich habe solche Liebe noch nie kennen gelernt. Sie durchzieht das ganze Leben einer Frau, ist so reinlich, voller Leidenschaft, dennoch mit viel Leiden verbunden. Sie glüht wie Feuer und verbrennt die Welt der Frau. Am Ende bleibt nur noch das Bild ihres Geliebten übrig.

Diese Kurzgeschichte von Stefan Zweig ist eines der weltberühmtesten Werke der deutschsprachigen Literatur. Die Geschichte ist ganz einfach: Eine Frau ist sehnlichst verliebt in einen Schriftsteller, von ihrer Kindheit an bis zu ihrem Tod. In ihrer Kindheit ist dieser Mann ihr Nachbar und in ihrem ganzen Leben hat sie sich nur zweimal mit ihm verabredet, wobei dieser aber keine Ahnung hat, wer sie ist. Jedes Mal meint er, dass sie eine hübsche Unbekannte sei. Sie bleibt eine Unbekannte. Nach ihrer ersten Verabredung schenkt sie ihm in den darauf folgenden elf Jahren zu jedem Geburtstag einen Strauß weißer Rosen, weil er ihr damals Blumen dieser Art geschenkt hat. Am Ende ihres Lebens schreibt sie ihrem Geliebten endlich einen Brief, um ihm ihre Liebe zu offenbaren.

Ruhig und gefasst schildert der Autor diese glühende Liebe, die so schweigsam und traurig bleibt. „Dir, der Du mich nie gekannt“, in diesen Worten des Briefs liegt schon Hilfslosigkeit, Selbstironie, aber auch Festigkeit der Frau, deren Liebe einer weißen Rose in der Nacht gleicht. Sie wurde nie von anderen gekannt, blühte heimlich und verwelkte schließlich. Was übrig bleibt, ist nur schwebender Duft in der Luft.

Als sie noch ein Kind war, verliebte sie sich in ihn auf den ersten Blick. Sie weiß, dass es kaum Hoffnung gibt, dass ihre Liebe von dem Mann erwidert wird. Sie beobachtet, dass der Mann immer von verschiedenen Frauen begleitet wird. Aber sie kann und will ihre Gefühle nicht kontrollieren. Liebe ist nicht zu kontrollieren. Ihre Liebe ist von Anfang an verzweifelt, aber sie hat nicht aufgehört zu lieben. Die Liebe in der Verzweiflung wird immer sehnlicher und unkontrollierbarer.

Sie hat nicht einmal den Mut, ihm ihre Liebe zu sagen. Sie beobachtet ihn nur heimlich, wartet geduldig und sammelt alles, was mit ihm zu tun hat. Sie spielt einzig und allein in ihrer Liebe die Hauptrolle. Als Kind wartet sie auf ihn, als Mädchen wartet sie auf ihn, als Frau wartet sie auf ihn, sogar vor dem Tod wartet sie noch auf ihn. Jedoch hat er sie nie erkannt, nie bemerkt, selbst als er den Brief bis zum Ende liest, weiß er immer noch nicht, wer sie war. Sie schreibt: „Ich stand wieder vor Deinem Hause wartend, wartend, wie ich mein ganzes Schicksal lang vor Deinem verschlossenen Leben gestanden bin.“ Für ihre Warterei erhält sie nichts. Sie ist und bleibt eine Fremde. Die kalte, entsetzliche Fremdheit bestimmt ihr ganzes Leben.

Sie bringt ein Kind von ihm zur Welt, sie liebt das Kind, weil es ein Teil von ihm ist. In diesem Kind sieht sie den Mann, den sie ihr Leben lang liebt. Für sein Kind prostituiert sie sich. Er ist ihre ganze Welt. Solange sie ihn mit ihrem Blick fangen kann, fühlt sie, dass sie lebt. Wie sie lebt, spielt dann keine Rolle mehr. Aber er liebt nur ihre kurzzeitige Schönheit. Sie ist nie Teil seines Lebens geworden. Niemand ist das. Sie hat von Anfang an eingesehen, dass er feurig, aber vergesslich, hingebend, aber untreu ist.

Es ist kein Zufall, dass der Mann im Text Schriftsteller ist. Als Schriftsteller lebt man ungezwungen und wie berauscht von Literatur und Schreiben. Als Schriftsteller lebt man für Kunst und Schönheit und vergisst alles andere. Man strebt nach Freiheit und will nicht eingeschränkt werden. Als Schriftsteller liebt man nur die kurzlebige Schönheit, Fröhlichkeit und Inspiration, die vergänglich und schwach sind wie die reizenden weißen Rosen.

Die Frau in dieser Geschichte hat ein trauriges Schicksal, weil sie ihrem Geliebten immer eine Unbekannte bleibt. Aber sie ist auch glücklich, weil es viel Glück braucht, solche Liebe zu erfahren: nicht vernünftig und starr, sondern leidenschaftlich, atemberaubend, schmerzhaft, verzweifelt und spektakulär. Diese Liebe macht alles andere zu nichts. Sie macht selbst die ganze Welt aus.

(Die Verfasserin ist Studentin im zweiten Studienjahrgang an der deutschen Fakultät der SISU.)

 

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