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Entsprechendes Lesen
Prof. Dr. Hans Feger: Diskussion über Freidrich Schlegel, Heinrich von Kleist und Ludwig Tieck
25 October 2016 | By Liu Yue | SISU
Am 18. und 20. Oktober fanden die 3. und 4. Sitzung von Prof. Dr. Hans Feger über die „Frühromantik“ statt. In den ersten zwei Sitzungen „Einführung in die Frühromantik“ wurde über Begriffe wie „progressive Universalpoesie“ und „kommende Mythologie“ gesprochen. In die neuen Sitzungen führte Prof. Feger den Begriff der „romantischen Ironie“ ein.
Romantische Ironie, die auch poetische Reflexion genannt werden kann, ist in den Werken der „Frühromantik“ sehr hochgeschätzt. Ironie bedeutet eigentlich, dass man Dinge von ihrem Gegenteil her beschreibt, ohne dabei diese Position zu vertreten. Sie ist eine durch und durch paradoxe Form der Reflexion. Die Idee der Ironie hat in der Rhetorik ihren Ursprung, aber die romantische Ironie hat mit Rhetorik gar nichts zu tun. Hier soll Ironie nicht als Redefigur und Form, sondern als eine auf Socrates zurückgehende Ironie verstanden werden, die grundsätzlich philosophisch ist. So, wie Socrates in „Platons Dialogen“ nicht als Redner der Überzeugung auftritt, sondern als Redner des Hinterfragens, will auch die romantische Ironie Zweifel sehen – nun aber in einem literarischen bzw. poetischen Sinne. Diesen Zweifel, den man in der Tradition der sokratischen Ironie philosophischen Skeptizismus nennt, versuchen die Romantiker poetisch zu deuten, weshalb man auch von einem ästhetischen Sokratismus spricht.
In der kurzen Schrift „Über die Unverständlichkeit“ (1800) von Friedlich Schlegel tritt die oben erwähnte Ironie in den Vordergrund. Ausgehend von der Frage, ob man die Unverständlichkeit überhaupt verstehen könne, wurde die paradoxe Argumentation des Textes freigelegt. Bei der Diskussion der Frage kamen wir allmählich zum Verständnis, dass der Titel selbst eine Ironie ist.
Prof. Feger zeigte weiter, dass Ironie sowohl Schöpfung einer Kunstwelt als auch Streit zwischen Endlichem und Unendlichem sei. Vor allem bei der Übersetzung komme die Unverständlichkeit häufig zum Vorschein. Wie Prof. Feger erklärte, gebe es in der Unverständlichkeit einen notwendigen Spielraum, den sich die Übersetzung zu eigen mache. Insbesondere Goethe habe die Unübersetzbarkeit der Lyrik betont, um die (notwenige) Unverständlichkeit beim Übersetzen von literarischen Werken „verständlich“ zu machen.
Kurz nach der Diskussion über die Unverständlichkeit hielten drei Studentinnen Referate über Friedlich Schlegels „Über Goethes Meister“ und seinen Roman „Lucinde“. Im ersten Referat gaben Liu Yue und Xie Mei einen Überblick über die Handlung, die Struktur und die Hauptfiguren in Goethes „Meister“. Dabei legten die Referentinnen große Aufmerksamkeit auf die Konflikte zwischen den Gestalten und ihrem Schicksal, auf die Beziehung zwischen dem Ganzen und dem Einzelnen und nicht zuletzt auf das Verhältnis von Prosa und Poesie.
Der „Meister“ ist ein Bildungsroman, der sich aus romantischer Perspektive fortschreitend entwickelt, indem er sich selbst reflektiert und interpretiert. Kernpunkt von Schlegels Ansicht ist, dass dieser Roman sich kritisiert, beurteilt und bildet und so Teil einer „progressiven Universalpoesie“ ist, der sich die Romantiker verschreiben. Dass dabei auch chaotische Verhältnisse riskiert werden müssen, zeigt der Roman „Lucinde“. Der Autor drückt darin seine revolutionäre Auffassung von der Ehe aus. Nicht nur ist die Gedankenweise darin modern, sondern auch die Erzählungsform ist glänzend. Man kann in diesem Werk fast keine klare Handlung finden, nur chaotische Entwicklungen. Schlegel versuche, so meinte die Referentin, seine romantischen Theorien in den Roman umzusetzen. Lucinde verkörpere deshalb den Geist der Romantik. Die Referentin verglich „Meister“ und „Lucinde“ und kam zum Ergebnis, dass „Lucinde“ den Bildungsprozess des Protagonisten Julius durch die Liebe von Frauen zeige.
Während wir in der 3. Sitzung hauptsächlich über Schlegel diskutierten, wurden in der 4. Sitzung Werke von Heinrich von Kleist und Ludwig Tieck gesprochen. Vier Studentinnen präsentierten wunderschöne Referate.
Bei dem Text „Über das Marionettentheater“ von Kleist fällt die Erzählungsform auf. Nach der Meinung der Referentin sei sie ähnlich wie die Dialoge in Platons Werken. Schlüsselwort dieses Textes lautet „Anmut“ oder „Grazie“. Prof. Feger behandelte hier die drei im Text erscheinenden Situationen, nämlich Anmut ohne Bewusstsein, Anmut mit Bewusstsein sowie Anmut und Bewusstsein. Nach Kleist habe die Grazie entweder gar keins oder ein unendliches Bewusstsein. Mit Bewusstsein werde die Grazie zerstört.
Zuletzt kam das Werk von Ludwig Tieck zur Diskussion. Der gestiefelte Kater ist ein deutsches Volksmärchen, das Tieck in die Form des Kunstmärchens überführt. Zuerst gingen wir auf den Unterschied zwischen Märchen und Kunstmärchen ein. Das Kunstmärchen besitzt eine zukunftsoffene Perspektive und ist für Erwachsene verfasst. Es ist ein reflektiertes Märchen, in dem die Technik „Stück im Stück“ benutzt wird. Die Referentin erklärte, dass dies einen Eingriff der fiktiven Zuschauer in die Bühnenhandlung bedeutet. Die Zuschauer spielen in dem Drama mit. Dabei wird die erzeugte Illusion durchgebrochen.
Darauf eingehend betonte Prof. Feger die Illusionsbildung und Illusionsdurchbrechung. Durch die Bildung und Durchbrechung der Illusion scheint die Grenze zwischen Dichtung und Wirklichkeit zu verschwinden. Neben der Haupthandlung, den Gestalten und der Schreibtechnik erwähnte die Referentin noch, dass Tieck in seinen Werken eine Zeitkritik ausübt, seine Abneigung gegen den Geschmack des Publikums und sein Streben nach künstlerischer Freiheit demonstriert.
(Verfasserin: Masterstudentin der Germanistischen Fakultät der SISU; Korrektur: Hans Feger)
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