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Entsprechendes Lesen
Das „Oettinger’sche Weltbild“ wurde kritisiert, zu Recht
03 November 2016 | By Jiang Feng | SISU
Der Altbundeskanzler Helmut Schmidt glaubte, dass Politiker ein gutes Vorbild für die Gesellschaft und für die Bürger sein sollten. Wenn er jetzt aber die Rede von EU-Kommissar Günther Oettinger hören würde, wäre er enttäuscht.
Als EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft und als bald antretender Vizepräsident der Kommission kritisierte Oettinger am 26.Oktober 2016 bei einer Veranstaltung des AGA Unternehmensverbandes zum Thema Digitalisierung, dass es in Deutschland an treibender Kraft zur Reform fehle und Deutschland sich mehr um die „Pflicht-Homoehe“ als um die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sorge. Außerdem warnte er Europa, dass es von den „Schlitzaugen“ überholt werden würde, wenn es weiter so selbstzufrieden wäre. „Schlitzaugen“ gilt in Deutschland als abwertende Bezeichnung für Ostasiaten, in erster Linie Chinesen.
Damit erntete er in Deutschland umgehend Kritik von allen Seiten. Die SPD-Generalsekretärin Katarina Barley behauptete, wer hässliche Wörter wie Rassismus und Anti-Homosexualität verwende, disqualifiziere sich für wichtige politische Positionen. Oettinger solle sein Weltbild überdenken und jemand mit solchem Gedankengut schade der ganzen EU. Für Spiegel-Online, vertretend für die gesamte Presse, sei Oettingers Äußerung keineswegs harmlos. Oettinger betrachte nicht nur die Chinesen als „Schlitzaugen“, er mache auch Scherze über die chinesischen Minister: „Alle: Anzug, Einreiher dunkelblau, alle Haare von links nach rechts mit schwarzer Schuhcreme gekämmt.“ Er sprach auch noch von einer chinesischen Delegation: „Neun Männer, eine Partei. Keine Demokratie, keine Frauenquote, keine Frau - folgerichtig.“ Eine anwesende Zuhörerin (Bloggerin) namens Journelle fand es unmöglich, dass Oettinger in der Öffentlichkeit solche rassistischen Bemerkungen machte. Sie glaubt, dass er beabsichtigte, damit Angst zu verbreiten, dass die „Schlitzaugen“ Europa übertreffen werden.
In einem Interview mit der Zeitung Die Welt verteidigte Oettinger seine Äußerungen und bezeichnete seine Benennung von Chinesen als „Schlitzaugen“ als „etwas saloppe Äußerung“. Er meinte, dass er nur die Europäer darauf aufmerksam machen möchte, dass die Chinesen zu klug seien. Wenn sie den europäischen Technologievorsprung nicht überholen können, kaufen sie einfach die gesamten Unternehmen mit ihren Technologien. Aber die europäischen Unternehmen wären in China auf große Schwierigkeiten gestoßen. Daran lässt sich erkennen, dass sich der EU-Kommissar seines Fehlers nicht bewusst ist. Außerdem ignoriert er, dass europäische Unternehmen viel mehr in China investieren als chinesische Unternehmen in Europa und dementsprechend mehr Gewinne erzielen. Wie Frau Barley befürchtete, solche Politiker könnten der gesamten EU nur Schaden bringen.
Es ist aber klarzustellen, dass der Schaden eigentlich nicht darin besteht, dass er die Gefühle der Chinesen verletzt. Die Chinesen sind nicht so leicht zu beleidigen. Der Schaden besteht vielmehr darin, dass der Leitgedanke des Eurozentrismus in manchen Köpfen da oben immer noch lebendig ist, wenn auch unbewusst. Es gab eine Zeit, in der das Gesetz des Dschungels und der nationale Egoismus befürwortet wurden. Es gab eine Zeit, in der man vor lauter wirtschaftlichen und politischen Interessen keine Moral sah. Das ist jedoch dem heutigen Zeitgeist, im Zeitalter der Globalisierung eine Schicksalsgemeinschaft zu gründen, entgegengesetzt. Europa ist derzeit mit verschiedenartigen Herausforderungen konfrontiert und die wirtschaftliche Entwicklung verliert an Vitalität. Die neusten Entwicklungen aus Asien, besonders die innovativen Kräfte aus China bringen der Weltwirtschaft neue Impulse und bieten auch Europa neue Möglichkeiten. Merkwürdigerweise werden diese neuen Entwicklungen von manchen europäischen Eliten als Bedrohung angesehen, was die normalen Handelsbeziehungen zwischen Europa und China beeinträchtigt und einen negativen Einfluss auf die gewonnenen Erkenntnisse hat. Das Bild ist verzerrt. Und das ist dem „Oettinger’schen Weltbild“ zu verdanken. Politiker sollten eigentlich gute Vorbilder für die Förderung der Beziehungen zwischen Europa und China sein und einen Beitrag dazu leisten. Gute Beziehungen zwischen Europa und China entsprechen auch den Interessen der Europäischen Union.
(In der Zeitung „Shanghai Guancha“ vom 31.10.2016 erschien der Artikel auf Chinesisch, der von Zhou Yanmei, Masterstudentin der Germanistischen Fakultät, ins Deutsche übersetzt wurde. Korrektur: C. H. Y. & A. P.)
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